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Darstellungstheorie endlicher Gruppen (Sommersemester 2015)

  • Dozent*in: Prof. Dr. Fabian Januszewski
  • Veranstaltungen: Vorlesung (0153700), Übung (0153710)
  • Semesterwochenstunden: 2+1
  • Hörerkreis: Mathematik BA/MA/Lehramt, Informatik BA/MA

Der Aushang zur Vorlesung findet sich hier.

Der Termin der Übungs ist noch verhandelbar. Sie findet alle 2 Wochen statt.

Termine
Vorlesung: Mittwoch 11:30-13:00 SR 3.60 Beginn: 15.4.2015
Übung: Freitag 14:00-15:30 SR 2.59 Beginn: 24.4.2015

Eine Darstellung einer Gruppe G ist ein Gruppenhomomorphismus
\rho:\quad G\to{\mathrm {Aut}}_k(V),\quad g\mapsto \rho(g)
in die Automorphismengruppe eines k-Vektorraumes V. Eine Darstellung ist also nichts anderes als eine k-lineare Aktion von G auf V.

Man kann sich eine solche Darstellung \rho als eine Linearisierung von G vorstellen. Aus dieser Perspektive bildet die Darstellungstheorie eine Brücke zwischen der Linearen Algebra und der Gruppentheorie: Wir können \rho(g) via Linearer Algebra auf V verstehen, und zugleich spiegelt \rho die Struktur von G als Gruppe wider. Umgekehrt liefert die Struktur von G natürlich auch Informationen über \rho.

Diese Brücke zwischen der Linearen Algebra und der Gruppentheorie ist sehr fruchtbar. Die Darstellungstheorie spielt beispielsweise eine fundamentale Rolle in der Klassifikation der endlichen einfachen Gruppen. Sie hat darüber hinaus auch Anwendungen in nahezu allen Gebieten der Mathematik, von der Gruppentheorie über die Algebra bis zur algebraischen Geometrie und Zahlentheorie, von der Kombinatorik bis zur Stochastik, in der Topologie, der Analysis, und sogar der Quantenphysik: die Darstellungstheorie erklärt die Struktur des Wasserstoffatoms.

Die Fouriertransformation ist ein Korollar der Darstellungstheorie lokalkompakter abelscher Gruppen, und die Darstellungstheorie kann als nicht-abelsche Verallgemeinerung der Fourier-Theorie betrachtet werden.

Andrew Wiles' spektakulärer Beweis von Fermat's Letztem Satz wäre ohne Darstellungstsheorie undenkbar gewesen.

In der Vorlesung werden wir uns mit der Darstellungstheorie endlicher Gruppen beschäftigen. In diesem Fall werden wir, unter der Annahme daß die Gruppenordnung von G die Charakteristik von k nicht teilt, die Darstellungen von G vollständig klassifizieren. Wir werden lernen, daß jede Darstellung in eine direkte Summe irreduzibler, d.h. unzerlegbarer zerfällt. Die irreduziblen Darstellungen werden wir anhand der Struktur von G tabellieren.

Nachdem wir uns mit der allgemeinen Theorie vertraut gemacht haben, werden wir uns in der Vorlesung konkret der Darstellungstheorie der symmetrischen Gruppe S_n zuwenden. Diese ist sehr gut verstanden, und wir werden, wenn {\rm{ggT}}(n,{\rm{char}}\, k)=1, sämtliche irreduzible Darstellungen bestimmen.

Aus der Linearen Algebra kennen wir bereits eine fundamentale eindimensionale Darstellung der S_n: die Signumsdarstellung

{\rm sgn}:\quad S_n\to \{\pm1\}\subseteq k^\times
welche jeder geraden Permutation eine 1 und jeder ungeraden Permutation eine -1 zuordnet. Diese ist automatisch irreduzibel. Eine weitere eindimensionale irreduzible Darstellung ist die triviale Darstellung, welche jeder Permutation den Wert 1 zuordnet. Wir werden sehen, daß dies die einzigen beiden eindimensionalen irreduziblen Darstellungen der S_n sind.

Im Allgemeinen stehen die irreduziblen Darstellungn der S_n in natürlicher Bijektion mit den Partitionen
n=n_1+n_2+\cdots+n_l
von n mit
n_1\geq n_2\geq \cdots\geq n_l\geq 1. Diese Partitionen können durch Young-Diagramme visualisiert werden, und anhand eines solchen Diagrammes läßt sich beispielsweise dank der Henkellängenformel die Dimension der zugehörigen irreduziblen Darstellungen ablesen.

Die beiden uns bereits bekannten eindimensionalen irreduziblen Darstellungen gehören beispielsweise zu den beiden Partitionen
n=n
der Länge 1 und
n=1+1+\cdots+1
der Länge n.

Die Darstellungstheorie endlicher Gruppen bildet den Prototypen für die Darstellungstheorie komplizierterer Gruppen mit Zusatzstruktur (kompakt / Lie- / topologisch / algebraisch, ...), die, wie bereits angedeutet, in vielen verschiedenen Kontexten auftreten.

Sofern noch etwas Zeit am Ende des Semesters verbleibt, werden wir einen fundamentalen Zusammenhang zwischen der Darstellungstheorie der S_n und der (algebraischen) Gruppe GL_n kennelernen.

Übungsblätter
Übungsblatt 1
Übungsblatt 2
Übungsblatt 3
Übungsblatt 4 Achtung: Aufgabe 2 haben wir jetzt korrigiert und neu gestellt!
Übungsblatt 5

Literaturhinweise

Die Darstellungstheorie der symmetrischen Gruppe wird ausführlich und nah an der Vorlesung in

  • William Fulton, Joe Harris, "Representation Theory - A First Course", Springer Verlag

behandelt. Das dortige Kapitel 4 enthält (zusammen mit dem Appendix) einen Beweis der Frobenius'schen Charakter-Formel als auch der Henkel-Längen-Formel, sowie viele nette Beispiele und Übungsaufgaben.

Frobenius' ursprünglicher Beweis der Charakterformel ist auch im Original gut lesbar und sehr nah an unserem Argument:

  • Ferdinand Georg Frobenius, "Über die Charaktere dersymmetrischen Gruppe", Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 516-534, 1900. Nachlesbar in Ferdinand Georg Frobenius, Gesammelte Abhandlungen, Band III, 148-166, oder online bei der ETH

Der Beweis der Henkel-Längen-Formel auf

ist fast vollständig und wir wären in der Vorlesung auch genauso vorgegangen. Ein nettes alternatives Argument via erzeugenden Funktionen findet sich im selben Artikel.