Modulformen (Sommersemester 2019)
- Dozent*in: PD Dr. Stefan Kühnlein, Martin Barič
- Veranstaltungen: Vorlesung (0156100), Übung (0156110)
- Semesterwochenstunden: 4+2
Modulformen sind spezielle holomorphe Funktionen auf der oberen Halbebene (komplexe Zahlen mit positivem Imaginärteil), die sich durch ein bestimmtes Transformationsverhalten unter den Möbiustransformationenen in SL(2,Z) oder einer Untergruppe auszeichnen.
Sie werden seit über 200 Jahren untersucht und traten zum Beispiel bei Jacobi (Thetafunktionen) und Eisenstein (Eisensteinreihen) zutage. Vor einer systematischen Entwicklung ihrer Theorie wurden einzelne Beispiele untersucht und ausgenutzt. Die Theorie wurde etwa ab Ende des 19. Jahrhunderts in Angriff genommen, zunächst von Klein und Fricke, die sie in geometrischer Hinsicht ausnutzen wollten, später bei Hardy und Ramanujan, viel mehr aber noch bei Hecke, der Multiplikativitätseigenschaften der Fourierkoeffizienten, die vorher nur gesehen wurden, befriedigend begründen konnte. Dann war wieder kurze Zeit Ruhe, bis in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts neue Phänomene entdeckt wurden, insbesondere die zunächst hypothetische Verbindung der Spitzenformen vom Gewicht 2 zu elliptischen Kurven (Shimura-Taniyama-Vermutung). Erst Wiles konnte dies 1995 für alle über Q definierten elliptischen Kurven beweisen und damit den letzten Baustein in den Beweis der Fermatschen Vermutung einfügen.
Über diese Entwicklung hinaus sind Modulformen die historische Quelle der sogenannten automorphen Formen, die nach einer Vermutung von Langlands in enger Verbindung zu linearen Darstellung der Automorphismengruppe des algebraischen Abschlusses von Q stehen. Wiles Beweis etwa ist ein kleines Indiz dafür, dass Langlands Vermutung korrekt sein könnte.
Daneben tauchen Modulformen immer wieder in spezielleren Untersuchungen auf. Die gefeierte Lösung des Problems der dichtesten Kugelpackung in Dimension 24 (Viazovska, 2016) etwa gelang mit ihrer Hilfe. In der Theorie der Linearen Codes und der sphärischen Designs sind sie von Bedeutung. Einige Partitionsprobleme der Kombinatorik führen auf Modulformen. Es gibt Versuche in der Quantenfeldtheorie, Feynman-Diagramme mithilfe von Modulformen auszuwerten (Blümlein e.a.: Elliptic Integrals, Elliptic Functions and Modular Forms in Quantum Field Theory; Springer 2019).
Termine | ||
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Vorlesung: | Donnerstag 9:45-11:15 | SR -1.011 (UG) |
Freitag 9:45-11:15 | SR 3.61 | |
Übung: | Mittwoch 14:00-15:30 | SR 2.58 |
Lehrende | ||
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Dozent | PD Dr. Stefan Kühnlein | |
Sprechstunde: Di, 09.00 - 11.00 Uhr | ||
Zimmer 1.032 Kollegiengebäude Mathematik (20.30) | ||
Email: stefan.kuehnlein@kit.edu | Übungsleiter | Martin Barič |
Sprechstunde: | ||
Zimmer Kollegiengebäude Mathematik (20.30) | ||
Email: martin.baric@kit.edu |
Wir werden in der Vorlesung ausgehend von elliptischen Funktionen (und Kurven) dem historischen Verlauf folgen und erst einmal die Eisensteinreihen als Beispiele kennenlernen, bevor wir die Theorie der Modulformen aus Sicht der Funktionentheorie entwickeln. Dies wird immer wieder Hand in Hand mit konkreten Beispielen gehen, und wir werden versuchen, Anwendungen etwas lebhafter hervortreten zu lassen. Das Petersson-Skalarprodukt wird eingeführt, für das die Hecke-Algebra eine kommutative Algebra aus normalen Operatoren ist. Die Theorie von Atkin und Lehner (Neuformen) wird entwickelt. Schließlich werden wir über die Mellin-Transformation zu L-Reihen für Spitzenformen kommen, und mithilfe von Heckes Umkehrsatz genau sehen., welche L-Reihen auf diese Art zustande kommen.
Danach werden wir die Beziehung zwischen Modulformen und der Kohomologie der zugehörigen Gruppe untersuchen: die Eichler-Shimura-Korrespondenz. Alles weitere wird sich zeigen.