Eine Einführung zu Origamis
Hier haben wir eine kleine Einführungen zu den mathematischen Origamis, die in unserer Arbeitsgruppe untersucht werden, zusammengestellt. Mehr Informationen zu:
- Forschung zu Origamis in Karlsruhe finden sich hier.
- dem Forschungsprojekt Mit Origamis zu Teichmüllerkurven im Modulraum finden sich hier.
Was unsere Origamis nicht sind
Um gleich von vornherein eventuelle Missverständnisse auszuräumen: Bei den Origamis, die in unserer Forschungsgruppe untersucht werden, handelt es sich nicht um die gleichnamige japanischen Papierfaltkunst. Mathematisches zu Papierfalten findet man z.B. hier:
Was unsere Origamis sind
Ein Origami in unserem Sinne ist eine endliche Überlagerung
, wobei
eine kompakte Riemannsche Fläche ist,
eine kompakte Riemannsche Fläche von Geschlecht 1, und
über höchstens einem Punkt verzweigt.
Da nach dem Uniformisierungssatz isomorph ist zur komplexen Ebene
modulo einem Gitter
, und man ohne Einschränkung den kritischen Wert von
als Gitterpunkt wählen kann, kann man
auch wie folgt beschreiben: Man nehme eine endliche Anzahl von Fundamentalzellen von
(genauer
Stück) und verklebe entsprechend der Monodromieaktion von
auf diesen Ober- mit Unterseiten und rechte mit linken Seiten.
Die Moral daraus ist, dass man (wenn man sich auf eine feste elliptische Kurve festlegt, z.B. ) jedes Origami rein durch kombinatorische Daten beschreiben kann. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel:
Die Verklebung von Kanten ist durch die Kleinbuchstaben angezeigt. Wie eine kleine Rechnung zeigt, hat dieses Beispielorigami von Grad 6 das Geschlecht 2.
Konstruktion von Kurven im Modulraum mit Origamis
Wir interessieren uns u.a. deshalb für Origamis, weil sie einen interessanten Zugang zur Geometrie von Modulräumen liefern. Dieser soll im Folgenden skizziert werden:
1. Die Veechgruppe einer Translationsfläche
Sei ein Origami wie oben. Außerhalb des Verzweigungsortes von
liftet sich die natürliche Translationsstruktur auf
zu einer Translationsstruktur auf
. Es bezeichne
die Gruppe der orientierungserhaltenden affinen Diffeomorphismen auf
, also derjenigen orientierungserhaltenden Diffeomorphismen, die sich lokal als
beschreiben lassen. Während
von der Wahl der Karte abhängt, ist
durch den Diffeomorphismus eindeutig bestimmt. Die Gruppe aller so auftretenden Matrizen wird mit
bezeichnet und heißt Veechgruppe zu
. Im Fall kompakter Translationsflächen ist
eine Untergruppe von
, da Diffeomorphismen das Volumen erhalten müssen, und im Falle von Origamis ist die Veechgruppe sogar kommensurabel zu
. Die Frage, welche Gruppen als Veechgruppen auftreten können, ist bis jetzt noch nicht beantwortet.
2. Teichmüllerkreisscheiben
Es sei wieder ein Origami, der Einfachheit halber
. Weiter sei
der Verzweigungsort von
und
die oben definierte Translationsstruktur auf
. Wir betrachten den Teichmüllerraum
der
-fach punktierten, markierten Riemannschen Flächen von Geschlecht
, wobei
. Zur Vereinfachung wählen wir die zur Translationsfläche
assoziierte kompakte Riemannsche Fläche
mit Markierung
als Basispunkt für
. Dann kann man
als einen Vektor im (Ko-)Tangentialraum an
auffassen und man erhält aus den Daten (Punkt, Tangentialvektor) eine komplexe Geodätische in
, auch Teichmüllerkreisscheibe genannt, die man auch folgendermaßen beschreiben kann:
Sei eine Matrix. Diese definiert eine neue Translationsstruktur
auf
wie folgt: Man nehme einen Atlas von
und verknüpfe alle Karten mit der affinen Abbildung
. In dieser Weise deformiert man unter anderem die zur Translationsstruktur assoziierte komplexe Struktur auf
. Sei
die Abbildung, die topologisch die Identität ist, aber die komplexe Struktur wechselt.
Wir erhalten also eine Abbildung . Orthogonale Matrizen ändern die Translationsstruktur nicht, daher faktorisiert
über
. Die induzierte Abbildung
ist injektiv. Legt man die hyperbolische Metrik auf
und die Teichmüllermetrik auf
zugrunde, ist die Einbettung
sogar eine Isometrie auf ihr Bild.
3. Kurven im Modulraum
Es sei die Projektion auf den Modulraum (also das "Vergessen" der Markierung), und sei
eine Teichmüllerkreisscheibe wie oben. Es ist nun natürlich, sich das Bild
anzuschauen. Die Konstruktion aus 2. funktioniert natürlich mit einer beliebigen Translationsfläche. Im speziellen Fall von Origamis ist
sogar immer eine algebraische Kurve. Ausserdem gilt, dass
birational äquivalent zu
ist, dem Quotienten der oberen Halbebene nach der Veechgruppe des Origamis, die über Möbiustransformationen operiert.