Webrelaunch 2020

Nachwuchsgruppe Stabilität und Instabilität in Flüssigkeiten und Materialien

In der Forschungsgruppen beschäftigen wir uns mit physikalisch motivierten Problemen in den partiellen Differentialgleichungen.
Insbesondere interessieren wir uns für Durchmischungs- und Resonanzeffekte in Strömungsgleichungen mit und ohne Dissipation und für Rigidität und Flexibilität in der variationellen Beschreibung von Formgedächtnismaterialien.

Durchmischung und (In)Stabilität

Illustration of mixing by a circular flow

Eine zentrale Frage der Strömungslehre ist die Beschreibung der Stabilität und des Langzeitverhaltens von Fluiden (Flüssigkeiten oder Gase).
Hierbei interessieren wir uns insbesondere für Lösungen der inkompressiblen Euler Gleichungen



\partial_t v  + v \cdot \nabla v - \nabla p = 0,
\text{div}(v)=0,

welche die Evolution eines Fluids mittels eines Geschwindigkeitsvektofeldes v und des Drucks p beschreiben.
Im Gegensatz zu den Navier-Stokes oder Boltzmann Gleichungen beinhalten die Euler Gleichungen keine üblichen Dämpfungsmechanismen wie Dissipation oder Entropiezunahme.
Es ist daher eine zunächst sehr überraschende Beobachtung, dass Störungen um bestimmte Scherströmungen v=(U(y),0) im Laufe der Zeit wieder zu Scherströmungen konvergieren -- Ein als "invicid damping" bekanntes Phänomen.
Mathematisch führt dies zu Fragen zu schwacher Konvergenz, Durchmischung und einerseits Dämpfung von Störungen (in negativen Sobolev Normen) aber andererseits zu wachsender Irregularität und feinen Durchmischungsskalen.
Diese Durchmischungseffekte und ihre Auswirkungen auf nichtlineare Instabilität sind ein zentraler Gegenstand unserer Forschung.

Resonanzkaskaden in gekoppelten Systemen

Resonances of two traveling wavesCross section for fixed y

In gekoppelten Fluid Systeme wie den Boussinesq Gleichungen, der Magnetohydrodynamik oder den Navier-Stokes Gleichungen mit variabler Viskosität treten viele neue Effekte auf.
Inbesondere gibt es einen Wettbewerb zwischen stabilisierenden und destabilisierenden physikalischen Effekten.

Ein prototypisches Beispiel hierfür ist die Rayleigh-Benard Instabilität in den Boussinesq Gleichungen, welche eine wärmeleitende Flüssigkeit beschreiben:
\partial_t v  + v \cdot \nabla v - \nabla p = \theta e_2 + \nu \Delta v,
\partial_t \theta + v \cdot \nabla \theta = \kappa \Delta \theta,
\text{div}(v)=0.
Hier haben wir einerseits einen destabilisierenden Effekt durch den Auftrieb heißer Flüssigkeit und anderseits Stabilisierung durch Dissipation und Durchmischung.

Als ein Hauptresultat und unserer Forschung konnten wir zeigen, dass diese nichtlinearen Instabilitäten durch die Interaktion von "wellen-artigen" Lösungen beschrieben werden können.
Insbesondere heben diese klar die Wechselwirkung zwischen den Effekten hervor und erlauben uns optimale Zeitskalen und Regularitätsklassen für (In)Stabilitätsresultate zu identifizieren.
Diese Interaktion zwischen Wellen, physikalischen Effekten und der Systemstruktur ist auch aktuelles Thema einer Dissertation zur Magnetohydrodynamik in der Forschungsgruppe.


Konvexe Integration in Materialien

Rigidity and flexibility

Formgedächtnismaterialien sind Metalllegierungen die einen ersten Ordnungs Phasenübergang durchlaufen, von einer sehr symmetrischen Hochtemperaturphase (Austenit) zu einer Niedrigtemperaturphase (Martensit) mit einer weniger symmetrischen Struktur. Dieser Verlust von Symmetrie erlaubt viele verschiedene Martensit-Varianten. Daher sind Verformungen bei niedrigen Temperaturen energetisch relativ günstig und das Material kann leicht verformt werden. Beim Erhitzen werden jedoch alle Varianten wieder zur Austenit Phase und das Material nimmt wieder seine ursprüngliche Form an. Es hat ein "Gedächtnis".

Mathematisch werden diese Materialien variationell in einem Model von Ball-James beschrieben. Da das Variationsproblem stark nicht-konvex ist, ist die Existenz und Beschreibung von Minimierern ein sehr herausforderndes Problem. Für spannungsfreie Deformationen
u: \Omega \rightarrow \mathbb{R}^n
führt dies auf das differentielle Inklusionsproblem:
\nabla u \in K.
Bei vergleichsweise hoher Regularität ist dieses Problem "rigide": Lösungen können nur bestimmte Muster wie z.B. Streifen aufweisen.
Bei niedrigerer Regularität ist das Problem hingegen "flexibel": Es gibt unendlich viele "wilde Lösungen" mit sehr kompliziereten Mikrostrukturen.
Das Verständnis dieser Dichotomie zwischen Rigidität und Flexibilität und die Konstruktion wilder Lösungen in höherer Sobolev Regularität sind zentrale Forschungsziele der Gruppe.

Personen in der Nachwuchsgruppe
Name Tel. E-Mail
+49 721 608 43035 christian.zillinger@kit.edu

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